KAPITEL 1 - Das grüne Malmö
Die eigentliche Reise begann eigentlich schon mit dem stundenlangen Packen und Wiegen. Wer nur mit einem Rucksack unterwegs ist, versucht natürlich sein Bestes, das Gewicht so klein wie möglich zu halten. Doch Klamotten, Zelt, Campingkocher, Geschirr, Handtuch, Töpfe usw. müssen halt doch alle mitgenommen werden. Selbst die Waschtasche gegen einen Plastikbeutel auszutauschen bringt nur 350g weniger. Mit Wanderschuhen, Schlafsack und Isomatte sind es am Ende 19,5kg - wer soll das denn tragen?! Und eines gleich vorweg - nicht eine Sache in meinem Rucksack war überflüssig - soviel kann ich jetzt nach der Reise schonmal verraten. Mit insgesamt also fast 40kg Gepäck machten wir uns auf die Reise und fuhren erst mit dem ICE nach Hamburg, wo wir eine Stunde Aufenthalt hatten. Mit einem weiteren ICE ging es dann in knapp 5 Stunden nach Kopenhagen, wobei wir einen Teil der Strecke mit dem Zug in einer Fähre zurücklegten und am Bord des Schiffes die Überfahrt von Puttgaren (Deutschland) zur dänischen Küste erleben konnten. Nach einer kurzen U-Bahn-Fahrt unter dem Øresund hindurch, der Schweden und Dänemark trennt, erreichten wir Malmö. Da wir befürchteten, der Campingplatz würde schließen - und es war schließlich schon 22:00 - nahmen wir ein Taxi zum Campingplatz. Ein bisschen außerhalb der Innenstadt gelegen, befand sich dieser nur unweit der Öresundbrücke entfernt. Das Zelt war rasch aufgebaut und nach einem langen und anstrengenden ersten Anreisetag verbrachten wir unsere erste Nacht in Schweden.
Am nächsten Morgen machten wir uns auf, um Malmö zu besichtigen. Die Stadt selbst ist mit 300.000 Einwohnern die drittgrößte Stadt Schwedens (nach Stockholm und Göteborg) - da werden schonmal andere Maßstäbe deutlich. Die Altstadt ist beschaulich, aber schön - die in reinem Weiß gehaltene St. Petrus Kirche und der Marktplatz (Stortorget, wobei das 'et' am Ende der Artikel ist, der im Schwedischen ans Ende der Wörter gehängt wird) geben ihr eine angenehme Atmosphäre. Im Westen der Altstadt, die komplett von einem Kanal umgeben ist, befinden sich der Kungsparken (Königspark) und der Slottstradgården (Schlossgarten), die mit vielen Alleen zum Durchspazieren einladen. Während einer Kanalrundfahrt bekamen wir auch den Hafen und den Leuchtturm von Malmö zu Gesicht und in einem 'Rock-Café'/Musikladen war es dann Zeit für ein Mittagessen. Den Nachmittag verbrachten wir in einem Technischen Museum, wo wir viel Spaß daran hatten, mit Carrera-Autos Rennen zu fahren und Musik zu machen. Auf einem großen farbigen Brett konnte man durch Herumhüpfen verschiedene Töne erzeugen und mithilfe des Klaviers versuchten wir uns in dem Museum, das fast leer war, lautstark an Knockin' On Heavens Door. Das Herumhüpfteil war auf jeden Fall falsch gestimmt und das Video dazu halte ich lieber geheim :P
Der ICE fährt auf die Fähre:
Überfahrt nach Dänemark:
Stadtpark & Altstadt von Malmö:
KAPITEL 2 - Stockholm
| Testament Alfred Nobels |
| Das Gedeck fürs Nobel-Bankett |
| Der Reichstag |
| Kunstvoll gestaltete U-Bahnhöfe findet man zahlreich |
Weiter besuchten wir das Vasa-Museum, in dem ein fast 400 Jahre altes Schiff zu sehen ist. Am 10. August 1628 sank das riesige Holzschiff bereits nach 1300m auf der Jungfernfahrt, da ihre Konstruktion und ihr Gewicht das Schiff nicht stabil im Wasser liegen ließen. Nach über 333 Jahren wurde in den 1960ern in einem Riesenprojekt das Schiff verortet und geborgen. Zusammen mit Tausenden von Einzelteilen, die man auf dem Meeresgrund fand, setzte man das Puzzle wieder zusammen. Das Schiff war in außerordentlich gutem Zustand und nach 17 Jahren des Bespritzens mit Polyethylenglykol war man bereit, um das Schiff herum ein Museum zu errichten.
KAPITEL 3 - Das eisige Lappland
Am Abend des zweiten Tages machten wir uns auf den Weg zum Campingplatz, sammelten unser Gepäck ein, fuhren zum Hauptbahnhof und um 22:50 stiegen in unseren "Polarexpress". Wir hatten einen Schlafwagen gebucht und auf einigermaßen bequemen Liegen verbrachten wir einem 6er-Abteil zusammen mit einem weiteren Schweden eine für einen Zug sehr bequeme Nacht. Als wir aufwachten, befanden wir uns bereits 800km nördlich von dem Ort, wo wir tags zuvor eingeschlafen waren - Reisen im Schlaf ist doch was ganz schön Praktisches ;) Wir öffneten das Fenster, steckten unsere Köpfe dem Fahrtwind entgegen und fühlten uns wie Entdecker, die mit dem "Polarexpress" zu neuen Welten aufbrechen.
Der Abisko-Nationalpark ist etwa 10km breit und ca. 30 km lang und durch ihn hindurch geht mit dem Kungsleden einer der beliebtesten Wanderwege Nordschwedens. Selbst zu dieser Jahreszeit und bei diesem Wetter trafen wir gelegentlich Wanderer, nicht zu selten auch Deutsche. In der Touristenstation von Abisko hatten wir zum Glück die Möglichkeit, einiges von unserem Gepäck zu lagern und mit fast 10kg weniger auf den Schultern machten wir uns auf die Wanderung. Unterwegs zu einem der Plätze im Nationalpark, wo Zelten erlaubt ist, liefen wir an einem Fluss entlang, der sich mit unglaublicher Schönheit seinen Weg durch die Felsen und Steine bahnte. Meter an Meter reihten sich die Strudel und Wasserfälle, die der felsige Untergrund hervorgebracht hat. Die Landschaft war - ungewöhnlich für diese Temperaturen - fast ausschließlich von Laubbäumen und Büschen dominiert, die im frühherbstlichen Gold erstrahlten. Es war ein wunderschöner Anblick. Nach 2 Stunden erreichten wir den besagten Zeltplatz, ausgestattet mit einer kleinen Hütte und einem Plumpsklo. Nachdem das Zelt aufgebaut war, erkundeten wir noch für eine Weile die Gegend und als wir wieder zurückkehrten, war es Zeit mit dem Camping-Gaskocher Nudeln zu machen. Das Flusswasser brauchte bei dieser Kälte ewig, um war zu werden und neben uns in unzählige Decken und Jacken gewickelt saß eine Schwedin, mit der wir uns angeregt unterhielten. Ein Feuer mit dem nassen Holz zu machen war vergebens. Nachdem wir gegessen hatten, krochen wir wieder in unsere Schlafsäcke und hatten es wenigstens für einige Stunden recht warm. Während der Nacht stand ich mehrmals auf, in der Hoffnung doch noch das ein oder andere Polarlicht zu sehen. Doch obwohl der Himmel zumindest nicht wolkenbedeckt war, lies sich außer einem diffusen, farblosen Streifen nichts Besonderes am Sternenhimmel erkennen - es war unglaublich feucht.
Am nächsten Tag liefen wir - ausgestattet nur mit ein paar Scheiben Brot und etwas Honig - ca. 10 km bis fast zum südlichen Ende des Nationalparks. Dort befand sich Abiskojaure - ein Campingplatz mit einer Hütte und einer Sauna. Der kleine Shop wird per Helikopter bedient und hatte nur das Nötigste vorrätig. Nach einer kurzen Verschnaufpause machten wir uns wieder auf den Rückweg und waren erschöpft, als wir nach 6 Stunden Fußmarsch wieder zurück an unserem Zelt angelangt waren. Langsam zog die Dämmerung herein und da bemerkten wir, dass neben unserem Zelt zwei Deutsche ein Lagerfeuer entfachten (wie sie das hinbekommen haben ist mir immer noch ein Rätsel). Sofort kamen wir vorbei und nach einem kurzen Augenblick saßen wir am wärmenden Feuer, um welches wir die nassen Schuhe gestellt hatten. Die beiden Wanderer kamen aus Bochum und waren sehr freundlich, zögerten aber auch nicht davor uns zu bitten ein Lagerfeuerlied zu singen - als uns keins einfiel kam die Diskussion wieder auf Polarlichter, Skandinavien und Camping zurück. Gewärmt vom Feuer verbrachten wir die letzte Nacht im Nationalpark, standen früh auf und machten uns auf den Rückweg nach Abisko.
Nach einer weiteren Nacht auf dem Campingplatz von Abisko fuhren wir weiter auf der Zugstrecke entlang, auf der wir bereits hierher gekommen waren. Wir überquerten die Grenze zu Norwegen und erreichten die Endstation: Narvik. Am frühen Nachmittag erreichten wir die 18.000 Einwohner starke Stadt in den Fjorden von Norwegen. Nur wenige Meter vom Bahnhof entfernt, standen ein paar Bäume und ein kleiner Hügel mit einem Aussichtspunkt - mitten in der Stadt. Dort platzierten wir unser Zelt. Denn wovon ich noch gar nicht erzählt habe: Das Jedermannsrecht ermöglicht es einem in Norwegen, Schweden, Schottland und Finnland ohne Genehmigung auf freiem Gelände zu zelten, wenn man ausreichend Abstand von Häusern hält. Als nächstes liefen wir entlang der steil ansteigenden Straßen einen Hügel hinauf, um einen Ausblick auf die Fjorde und die umliegende Landschaft zu bekommen. Anschließend liefen wir zum Hafen und kauften dann für 7€ einen Grillkäse - billig ist Norwegen jedenfalls nicht. Zurück in unserem Waldstück, wo wir unser Zelt aufgebaut hatten, kochten wir uns mit dem Gaskocher etwas zu essen. Da ich in Abisko meine Jacke liegen gelassen, hatte mussten wir einen Zug früher nehmen, um am nächsten Morgen dort noch einmal Halt zu machen. Die Zugstrecke dort oben wird in beide Richtung jeweils zweimal am Tag befahren und unzählige Male von riesigen Güterzügen, die abgebaute Erze und Holz in den Süden transportieren. Nachdem wir die Jacke in Abisko eingesammelt hatten, stiegen wir am frühen Nachmittag in den Nachtzug nach Stockholm, wo wir nach 20 Stunden Zugfahrt ankamen. Einen kurzen Einkauf später stiegen wir bereits in den nächsten Zug nach Örebro, dass auf halber Strecke zwischen Stockholm und Oslo liegt.KAPITEL 4 - Örebro & Oslo
| Der Vogelschutzpark von Örebro |
Nach einer kurzen Nacht packten wir rasch unsere Sachen und machten uns auf den Weg in die Osloer Innenstadt, wo wir ernüchtert feststellten, dass im September gar keine Schiffe mehr auf die Insel Langøyene fuhren. Schließlich fanden wir doch noch einen Campingplatz - etwas außerhalb der Stadt gelegen - und konnten endlich unsere Rucksäcke von den Schultern nehmen. Wieder zurück in der Innenstadt besuchten wir schon wieder ein Nobelmuseum - diesmal eine Ausstellung speziell zum Friedensnobelpreis, der in Oslo verliehen wird. Im Museum gab es eine Ausstellung über Carl von Ossietzky und eine weitere über die Friedensbemühungen im Zuge der Demokratisierungsbewegung in Tunesien. Außerdem gab es eine Dokumentation über die vielen weiteren Träger des Friedensnobelpreises. Die Osloer Altstadt bietet wenig Interessantes. Viel schöner war da schon die Rundfahrt mit den Schiffen, die zwischen dem halben Dutzend Inseln verkehren, die vor Oslo liegen. Nach einiger Zeit auf einem der Schiffe entschieden wir uns, auf eine der Inseln zu gehen und machten einen Spaziergang entlang des Ufers. Dort reihte sich ein wunderschönes, niedliches kleines Häuschen an das Andere und einen perfekteren "Vorort" gibt es in Oslo wohl nicht. Als nach einer Stunde das nächste Schiff vorbeikam, kehrten wir wieder nach Oslo zurück.
KAPITEL 5 - Uralte Ritzungen, 1001 Inseln und ein Abschiedsstrand
Mit dem Fernbus fuhren wir am nächsten Morgen nach Tanumshede, ein kleines Städtchen in Schweden nur unweit der Westküste. Nach einem halbstündigen Fußmarsch erreichten wir das nächste Ziel unserer Reise - die Felsritzungen von Tanum. Als die Umgebung von Tanum in der Bronzezeit (3000-1000 v.Chr.) am Meeresufer lag, befanden sich hier Siedlungen und an zahlreichen Orten wurden Felsritzungen, Steingräber und weitere Hinweise auf die vor fast 5000 Jahren dort lebenden Menschen gefunden. Heute findet man dort nicht nur ein Museum und die Felsritzungen selbst, sondern auch ein paar nachgebaute Hütten aus der Bronzezeit. Interessant ist, dass in den Felsritzungen alle männlichen Personen deutlich mit einem übergroßen Penis gemalt wurden, um sie als solche zu kennzeichnen und das sehr sehr oft Schiffe gemalt wurden. Letztere überstiegen in der Größe das, was damals technisch machbar war und es wird heute vermutet, dass die Schiffe für die Toten geritzt wurden und sie in das Totenreich befördern sollten. Dass die meisten Felsritzungen auf den Bildern rot oder weiß sind, liegt bloß daran, dass sie heutzutage angemalt wurden, da die zum Teil nur halben Millimeter tiefen Steinkerben sonst nur sehr schwer zu erkennen wären. Nachdem wir uns die zahlreichen Felsritzungen (eigentlich ein blödes Wort, wurden die 'Ritzungen' doch eigentlich durch Klopfen eines Steines auf den Felsen erzeugt - 'Klopfungen' klingt halt aber ein bisschen doof) angesehen hatten, bauten wir unser Zelt auf dem Campingplatz direkt hinter dem Museum auf, wo wir wahrscheinlich - abgesehen von zwei Katzen - die einzigen Gäste waren.
| Auf dem Weg zu den Felsritzungen |
| Die vielen Schiffe wurden vermutlich für die Toten als Symbol für die Reise ins Totenreich gemalt. |
| Die über 2,3 Meter große Ritzung eines Speergottes |
Ein tausende Jahre alter Pflug im nachgebauten Bronzezeitdorf:
Die Katze und der Campingplatz:
Mit Hans Fähre nach Valö:
Die hunderten Schären-Inseln vor der Westküste:
Grillkäse am Hafen:
Fjällbacka vom Felsen aus fotografiert:
Auf dem Felsen:
Camping-Frühstück am Hafen:
Als wir wieder vom Felsen herabgestiegen waren, verabschiedeten wir uns von der wohl schönsten Stadt auf unser großen Rundreise und stiegen in den Bus, dann in einen Zug und waren nach 2 Stunden in Göteborg, Schwedens zweitgrößter Stadt. Wirklich interessant war die Stadt nicht, wenigstens ein paar nette Schiffe gab es zu sehen. Weiter ging es noch am selben Tag mit den Zug nach Halmstad, inzwischen war schon der 17. September und wir waren schon mehr als 16 Tage unterwegs. Halmstad war nett und überschaubar, bot schöne Alleen, kleine Stadtparks, ein kleines Schloss und gleich mehrere Strände. Nachdem wir genug von der Innenstadt gesehen hatten, machten wir uns mit den Rucksäcken auf den Weg zum Strand und im Anblick des vom Sonnenuntergang dunkelroten Himmels und dem leichten Rauschen des Meeres kochten wir unser letztes Campingessen. Danach wurden die Isomatten aufgerollt und die letzte Nacht in Schweden am Strand verbracht.
Halmstad:
Prost, Schweden!

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