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Island - Der Reisebericht - Teil #1

Einen strukturierten Reisebericht von Island abzugeben ist schwieriger als dachte. Wenn ich mich versuche zu erinnern, was wir wo gesehen haben, vermischen sich alle Eindrücke von den zwei Wochen Reise zu einem kleinen Chaos. Vielleicht liegt es einfach daran, dass jeder Ort der Insel irgendwie etwas von allem bietet: Vulkane, Meer, Pferde, Einsamkeit... Doch ich sollte trotzdem versuchen, das Ganze einigermaßen chronologisch aufzuziehen. (Auf Weiterlesen klicken).



Donnerstag, 16. Mai

Wir sind also mit dem Flugzeug am einzigen internationalen Flughafen Islands mit IcelandAir angekommen. Von dort aus sind wir gleich zum Mietwagenverleiher gefahren und haben unser Auto abgeholt. Vom Auto waren wir gleich von Anfang an vollauf begeistert, denn nicht nur war der Kofferraum groß genug, dass man mit umgeklappten Sitzen bequem darin schlafen konnte, auch eine Sitzheizung gab es und bei den Temperaturen in Island ist das natürlich ein angenehmer Luxus. Vom Flughafen aus sind es etwa 40 km nach Reykjavik, wo wir unsere erste Nacht im Hostel verbrachten. Am nächsten Morgen haben wir noch ca. zwei Stunden in Reykjavik verbracht, was auch ausreichend war, denn wirklich interessant ist die Stadt nicht. Obwohl sie mit 200,000 Einwohnern im Großraum der Stadt fast zwei Drittel der gesamten Einwohner Islands abdeckt, ist die Altstadt dennoch relativ winzig. Abgesehen von einer Statue, die aussah als wäre sie halbfertig und einem netten kleinen Hafen gab es auch nicht sonderlich viel zu sehen.

  

Der unwirkliche Anblick durch kleine Straßen auf die verschneiten Berge dahinter

Bevor wir Reykjavik ganz verließen stoppten wir noch an einem Warmwasserspeicher. Nicht etwa, um warmes Wasser anzuschauen, sondern um auf dem Dach des großen zylinderförmigen Gebäudes die Aussicht auf Reykjavik und das Land dahinter zu genießen. Vor uns lag die Hauptstadt Islands mit den dicht aneinander gedrängten Wohnhäusern und im Hinterland türmten sich bereits die schneeweißen Vulkane auf. Es war irgendwie ein unwirklicher Anblick.


Der Ausblick auf Reykjavik vom Dach des Wasserspeichers
Von der Stadt aus starteten wir Richtung Osten und fuhren entlang der Ringstraße gegen den Uhrzeigersinn. Die Ringstraße ist insgesamt ca. 1300 km lang und führt einmal um die gesamte Insel herum. Wir folgten der Straße und gelangten nach kurzer Fahrt in die Stadt Hveragerði. Wenn ich in diesem Blog 'Stadt' schreibe, ist dies stets mit Vorsicht zu genießen, da viele der Städte wirklich winzig sind und vielleicht 1500 Einwohner oder weniger beherbergen. Wenn ich hingegen von einem Ort spreche, dann ist vielleicht von einer kleinen Ansammlung von 2-10 Häuser die Rede. Doch zurück zur Sache. Hver ist isländisch und heißt so viel wie 'heiße Quelle'. Den Namen trägt die Stadt durchaus zurecht, denn sie liegt auf einem der aktivsten Geothermalfelder Islands. Überall schießt schwefeliger Dampf aus dem Boden, brodelt das Wasser in kleinen Pfützen oder spritzt es sogar aus kleinen Löchern aus der Erde hervor. Island ist eine Vulkaninsel und Geothermie macht 27% der Energieproduktion aus (der Rest wird durch Windkraft gedeckt - Island verwendet also zu 100% erneuerbare Energien). Doch nicht nur für die Energieproduktion wird der heiße Boden genutzt. Gerade in den Gebieten mit den sogenannten Geothermalfeldern sieht man oft ein Gewächshaus neben dem anderen, das die Erdwärme zur Pflanzenzucht benutzt. Am nördlichen Ende von Hveragerði erstreckt sich ein kleines hügeliges Gebiet mit vielen Schwefelquellen, auf dem wir entlangspaziert sind. Nachdem wir den Geruch/Gestank fauler Eier genug genossen hatten, fuhren wir weiter.

 


Es war Mitte März und wenige Tage vor unserer Ankunft hatte Island einen heftigen Wintereinbruch erlebt. Links und rechts der Ringstraße war kilometerweit nichts als Schnee zu sehen. Wir hatten zwar in Island nichts anderes erwartet, aber zumindest im etwas wärmeren Süden der Insel hatten wir zumindest auf etwas mehr Grün als Weiß gehofft. Wir machten uns ein bisschen Sorgen, wie es dann wohl erst im Norden aussehen wird. Unsere Tour führte uns weiter entlang der Ringstraße, bis wir nach etwa 40 km einen Abzweig Richtung Norden ins Landesinnere nahmen. Wir kamen an einem guten Dutzend Reiterhöfe vorbei. Links und rechts türmten sich die Vulkane auf während wir ins Landesinnere vorstießen. Nach einer Weile Fahrt hielten wir in einer 'Stadt' mit ungefähr 5 Häusern, weil dort angeblich eine Jugendherberge sein sollte. Die Jugendherberge fanden wir auch, sie war verlassen und zugeschlossen. Nach ein bisschen Herumtelefonieren entschieden wir uns, den langen Weg zu einem Camping-Platz aufzunehmen, den wir im Reiseführer gefunden hatten. Auf Anruf teilte uns der Besitzer zwar mit, dass der Platz offen sei, aber er weder Toilette noch sonst irgendetwas anbieten könnte. Er meinte aber, wenn wir es zu ihm schaffen, können wir gerne bei ihm bleiben. Ohne uns groß Sorgen um die letzte Aussage zu machen, fuhren wir weiter. Wir waren inzwischen so weit ins Niemandsland vorgedrungen, dass wir nur noch im Stundentakt mal ein Auto trafen. Wir kämpften uns mit dem Auto auf dem Feldweg durch den Schnee bis zu einem Wasserfall durch.



Doch die Bedingungen wurden nicht besser - die Straße wurde immer verschneiter und wir kamen immer langsamer voran. Wir erreichten den Umkehrpunkt, wo wir auf eine andere Straße wechselten die uns wieder zurück zur Ringstraße führen sollte. An dieser Stelle war aber auch sowieso Schluss, denn die einzige Straße weiter ins Landesinnere war für den Winter geschlossen. Nach dem Abbiegen lag vor uns eine endlos lang erscheinende Straße, die durch den Wind und die Schneeverwehungen mit bis zu 20 cm tiefem Schnee bedeckt war. Es bestand nie wirklich die Gefahr, dass wir feststecken bleiben würden, aber dennoch ging es nur noch mit 15 - 20 km/h voran. Vor uns präsentierte sich das endlos weite, schneebedeckte Land - es sah aus wie in einem Traum. Es war inzwischen fast 8 Uhr und wir waren lange unterwegs. Die rechte Seite des Autos war komplett eingeschneit und die Fenster schneebedeckt. Links von unserer Straße lag der Hekla, ein berüchtigter Vulkan in Island.




Kurz bevor die Sonne unterging erreichten wir die Einfahrt zum Campingplatz. Unscheinbar zwischen ein paar Büschen standen vier oder fünf Holzhütten. Wir bogen mit dem Auto auf die ca. 150 m lange Zufahrt, die mit fast 30 cm tiefen Schnee bedeckt war. Und es kam, wie es kommen musste: Wir blieben stecken. Etwas, dass ich zwar eigentlich erwartet hatte geschah nun schon am ersten Tag. Mit nichts zur Hilfe außer den bloßen Händen drückte ich den Schnee vor und hinter unseren Reifen platt. Ich experimentierte eine Weile, hob den Schnee weg, schob das Auto an, es half nichts. Fast eine halbe Stunde verging ehe es gelang einen guten Meter voran und in einen Bereich mit weniger tiefem Schnee zu kommen. Zum Glück war das Problem damit gelöst und wir konnten die letzten paar Meter ohne Probleme zur Hütte fahren. Dort trafen wir den Besitzer, der offensichtlich nicht mehr mit unserer Ankunft gerechnet hatte. Etwas verwirrt bot er uns an, dass wir seine eigene Toilette benutzen könnten und lies uns wieder mit unserem Auto allein. Die Sonne ging nun unter und während der Dämmerung stapften wir noch ein wenig im Schnee herum. In der Nähe des Campingplatzes stießen wir auf einen kleinen Fluss. Bevor es zu dunkel wurde kehrten wir zum Auto zurück. In der Hütte des Besitzers kochten wir uns etwas Wasser und füllten es in die Wärmflasche und die Plastikflaschen um es im Schlafsack etwas wärmer zu haben. Als die Wolken sich verzogen stieg in mir die Hoffnung, dass wir vielleicht gleich in der zweiten Nacht Polarlichter zu Gesicht bekommen würden, doch ich muste mich mit einem beeindruckenden Sternenhimmel 'zufriedengeben'. Wir zogen uns also unsere Skiunterwäsche an, rollten uns zusammen und schliefen ein.







A: Reykjavik
B: Hveragerdi
C: Camping-Platz

Freitag, 17. Mai

Am nächsten Morgen wachte ich mit einem unangenehmen Gefühl auf. Schnell merkte ich, dass es davon kam, dass meine Füße eiskalt waren. Mit viel Überwindung kroch ich aus dem Schlafsack und zog mich in dem relativ knapp bemessenen Platz im Auto um und stieg aus. Sämtliche Scheiben waren von innen zugefroren. Leider funktionieren Eiskratzer beim Auto wegen der Krümmung der Scheiben an der Innenseite nicht und außerdem wäre das sowieso keine gute Idee gewesen, da dann sämtliches Eis ins Auto gebröselt wäre. Als ich ausgestiegen war, lief mir der Besitzer des 'Camping'-Platzes über den Weg und wünschte mir einen guten Morgen. Außerdem rief er 'Come in. Warm up.' - 'Kommt herein. Wärmt euch auf!'. Das ließen wir uns nicht zweimal sagen. Der Besitzer erzählte uns, dass die Temperaturen nachts auf -10°C gefallen waren. Das war also auf jeden Fall die kälteste Nacht, die ich in meinem Leben verbracht hatte. Während dem Frühstück im Warmen und etwas Tee erzählte uns der Besitzer über Orte, die wir besuchen sollten. Er berichtete uns auch davon, wie der Tourismus in Island nach dem Vulkanausbruch des Eyafjalljökull 2010 erst eingebrochen war und danach in ungeheurem Maß anwuchs. In den letzten 10 Jahren hat sich der Tourismus auf der Insel um ein Vielfaches erhöht. Wir verabschiedeten uns und machten uns auf den Weg zurück zur Ringstraße - zumindest war das der Plan. Doch eine große Hürde versperrte uns den Weg: Die Zufahrt zum Camping-Platz, in der wir am Vortag steckengeblieben waren, war durch den starken Wind in der Nacht mit noch mehr Schnee bedeckt. Ich lief also vor dem Auto und versuchte den Schnee so gut es ging aus dem Weg zu räumen und plattzudrücken. Doch schon nach 10 Metern blieben wir stecken und der Weg erstreckte sich noch mehr als 100 m im selben Zustand weiter. Ich lief zurück zur Hütte und fragte ihn nach einer Schneeschaufel. Ohne mir direkt zu antworten packte er seine Schlüssel ein, stieg in seinen Truck und fuhr zu unserem Auto. Durch den Tiefschnee neben dem Weg fuhr er ans unserem Wagen vorbei. Dann kramte er aus unserem Kofferraum eine Schleppstange heraus, verband beide Wagen und setzte den Schleppzug in Bewegung. Am Ende der Einfahrt löste er das Seil wieder und stand nachdem wir weiterfuhren noch eine Weile am Straßenrand und beobachtete uns, um zu sehen ob wir wieder steckenbleiben würden. Nachdem er uns schon am Vortag am Telefon gesagt hatte 'Wenn wir es schaffen herzukommen..' und nach den beiden Malen die wir mit unserem Auto mit Zweiradantrieb stecken geblieben waren, musste er uns wohl endgültig für verrückt halten.

 

Unser nächster Stopp war ein Reiterhof nur einige Kilometer von der Ringstraße entfernt. Kurz zuvor hielten wir auf dem Parkplatz von irgendeinem kleinen Hotel und kochten neben dem Auto mit dem Camping-Kocher eine Tütensuppe. Als wir am Stall ankamen, wurden wir sogar in Deutsch begrüßt und zu unseren Pferden geführt. Reiten hat in Island eine große Bedeutung und in Anbetracht des nicht immer sehr weit ausgebauten Straßennetzes, ist das Islandpferd immer noch der kleine Bruder des Superjeeps, was den Transport angeht. Zusammen mit drei anderen Touristen, machten sich unsere Reitgruppe auf den Weg durch die relativ verschneite Landschaft. Zwar lag nicht mehr so viel Schnee wie in der Umgebung des Camping-Platzes von dem wir kamen, aber der größte Teil der Landschaft war immer noch in Weiß gehüllt. Ich war vor vielen, vielen Jahren ein einziges auf einem Pferd gesessen, daher war es für mich alles relativ neu. Und irgendwie hat das mein Pferd auch gemerkt und sich von mir relativ wenig sagen lassen. Das Ganze war kein Problem, da ich eh schon zufrieden war, wenn das Pferd mich nicht runterschmeißen würde. Doch nach einer Stunde Ausritt verabschiedeten sich die anderen aus unserer Gruppe von uns, während wir einen zweistündigen Ausritt machen wollten. Doch mein Pferd hatte kein Lust mehr und lief den anderen Pferden hinterher in den Stall. Als es an den Zügeln wieder herausgeführt wurde, weigerte es sich weiterzugehen und blieb stehen. Das tat es jedoch nicht nur dieses eine Mal sondern sicherlich Vier bis Fünf mal während der nächsten Stunde. Ich saß zwar etwas hilflos auf dem Pferd und beim Trab befürchtete ich, dass meine Wirbelsäule irgendwann brechen würde, aber trotzdem war es unglaublich amazing. Immerhin manchmal reagierte das Pferd auf meine Eingaben und gelegentlich blieb es sogar für mehr als eine Sekunde im Tölt-Gang. Kurz bevor wir wieder am Hof ankamen, bekamen alle drei Pferde mit einem Mal einen Schreck und blieben abrupt stehen. Mein Pferd drehte sich sogar mit einem Satz zur Seite und ich flog im hohen Bogen herunter. Zum Glück viel ich ins Gras. Abgesehen davon, verlief die weitere Reittour jedoch sehr gut und es war ein tolles Gefühl auf dem Pferd.


Am frühen Nachmittag fuhren wir weiter und erreichten nach wenigen Kilometern wieder die Ringstraße und waren sozusagen wieder auf sicherem Gelände. In der nächsten größeren Stadt machten wir erstmal Halt und gingen ins Schwimmbad um uns nach der doch recht kalten Reittour aufzuwärmen. Danach fuhren wir durch weniger verschneites Gelände und vor uns türmte sich der weiße Gipfel des Eyafjalajökull auf. Wir fuhren durch sehr flaches Gelände auf den Fuß von einer kleinen Bergkette zu. Die Front der Hügel markierten zwei Wasserfälle die wir am frühen Abend erreichten. Einer der beiden ist einer der bekanntesten Wasserfälle Islands und auf zahlreichen Fotomotiven zu sehen - der Seljalandsfoss. Er stürzt sich über 66 Meter in ein Wasserbecken. Das Besondere an diesem Wasserfall ist, dass man ihn sozusagen umrunden kann. Ein Weg in einer Vertiefung des Hügels erlaubt es, dass man hinter den Wasserfall gehen kann. Als wir dort waren, war das Wetter nicht sehr schön und es war kalt und windig, weswegen wir nicht den traumhaften Anblick zu Gesicht bekamen, den man im Sommer dort sehen kann. Doch dafür konnten wir etwas anderes interessantes bestaunen. Durch den Wasserfall sprühten in alle Richtungen kleine Wassertröpfchen und das führte bei den Temperaturen nahe dem Gefrierpunkt dazu, dass sich um alle Grashalme regelrechten Eisfinger bildeten. Es sah aus, wie eine Wiese aus Eis. Hinter dem Wasserfall war es feucht und matschig, aber der Anblick durch den Wasserfall hindurch auf die flache Landschaft dahinter war es trotzdem wert. Gut 100 Meter weiter gab es einen weiteren Wasserfall, der sich jedoch in ein Loch im Hügel hinabstürzte. Alles was man von ihm sehen konnte, war das untere Drittel. Aus einer Öffnung um Hügel strömte das Wasser heraus. Ich lies meine Kamera zurück um keinen Wasserschaden zu riskieren und stieg von Stein zu Stein durch den Wasserfluss in die 'Höhle' hinein. Drinnen spritze es soviel Wasser durch die Gegend, dass mein Brille nach ein paar Sekunden komplett nass war. Doch der Anblick dort drin war erstaunlich. Senkrecht über mir erstreckte sich die Öffnung, in die sich das Wasser ergoss . Der Durchmesser war kaum größer als 6-7 Meter. Nachdem ich das tosende Wasser genug bestaunt hatte, stieg ich wieder von Stein zu Stein die paar Meter nach draußen und kehrte komplett durchnässt zurück. Neben dem Wasserfall befand sich ein kleiner Camping-Platz, der sogar ein kleines Häuschen mit Toiletten, Aufenthaltsraum und Kochmöglichkeiten besaß. In uns stieg die Hoffnung, dass wir vielleicht im Aufenthaltsraum schlafen könnten, doch leider wurde der um 22:00 zugesperrt und so verbrachten wir die nächste Nacht im Auto.

In der Höhle

Nach der Höhle



A: Camping-Platz
B: Reiterhof
C: Schwimmbad in Hella
D: Seljalandsfoss - Wasserfall

Samstag, 18. Mai

Am nächsten Morgen erwachten wir im von innen zugefrorenen und eingeschneiten Auto. Unser eigentlicher Plan für den Tag bestand darin, den Eyjafjallajökull hochzuwandern. Die Wanderung würde am Fuße eines der mächtigsten und bekanntesten Wasserfälle des Landes beginnen - dem Skogafoss. Doch schnell wurde uns klar, dass das nichts wird - der Wasserfall stürzte sich zwar zwischen den Felswänden beeindruckend in die Tiefe und an der Seite konnte man eine teilweise zugeeiste Treppe hinaufsteigen, aber an der Spitze des Wasserfalls war dann Schluss. Die Wanderstrecke wäre dem Flusslauf gefolgt und nach 10 km zum Krater des Vulkans gelangt - doch um es realistisch zu sehen: Wir hatten keine Chance. Nicht nur war der Weg abgesperrt, er war auch mit sicherlich 4-6 m tiefem Schnee bedeckt und nicht passierbar. Der Winter ist schön - und Island zu dieser Zeit zu erleben ist sicherlich nicht nur wegen der Polarlichter etwas unglaublich beeindruckendes, aber man kann nicht leugnen, dass man im Sommer einfach mehr von der Insel erleben kann - dann aber auch mit viel mehr Touristen um einen herum. Nachdem wir genug vom Wasserfall gesehen hatten und unseren völlig umsonst gepackten Wanderrucksack ausgezogen hatten fuhren wir weiter.


Die Strecke führte vorbei an den steilen Felshängen die den Süden des Eyjafjallajökulls markierten. Wir näherten uns dem äußersten Südosten der Insel. Unser nächster Stop war ein Gletscher - viel zu sehen bekamen wir aber nicht von ihm, da man ihn erst nach einer kurzen Wanderung erreicht und draußen war es eiskalt und es schneite so heftig, dass jede Minute außerhalb des Autos unangenehm war. Ich lief den Weg zum Gletscher einige Meter entlang und fühlte mich jemand, der versucht während einem Schneesturm den Südpol zu erreichen. Nach kaum 2 Minuten saß ich auch schon wieder im Auto und betrachtete durch die Fenster die unmenschliche Umgebung.


Der Abschnitt der Ringstraße der nun folgte war fast komplett mit Schnee bedeckt und wir fragten uns, ob wir so die für den Tag geplante Strecke überhaupt schaffen würden. Nach ein paar Kilometern gelangten wir an den Strand Reynisfjara, der den südlichsten Punkt unserer Reise markierte. Wie fast alle Strände in Island bestand er aus feinem schwarzem Vulkangestein. Der Besitzer des Camping-Platzes, der uns mit dem Truck aus dem Schnee gezogen hatte, hatte uns erzählt, dass jährlich Touristen an diesem Strand sterben, weil sie den Wellengang unterschätzen. Tatsächlich habe ich noch nirgendwo einen solch heftigen Wellengang an einer Küste gesehen - die von den Isländern als Deadly Sneaker Waves getaufeten Wellen brachen sich mit großer Wucht über dem schwarzen Sand.


 



Von dem Strand aus führte uns die Fahrt von nun an in Richtung Norden zum größten Gletscher Europas. Die Landschaft auf dem Weg dorthin war eine wahre Einöde - die Vulkane hatten Dreck und Gestein in die fast 50 km weite Ebene bis zur Küste geschleppt und meilenweit erstreckte sich nichts als Stein und Geröll. Zwischendurch kamen wir noch bei einer Schlucht vorbei.


Während wir weiterfuhren, trafen wir auf unsere erste Einbreid Brú - eine einspurige Brücke. In diesem Fall war die Brücke etwas länger und besaß in der Mitte eine Verbreiterung, sodass wir den Gegenverkehr dort passieren konnten.


Am späten Nachmittag erreichten wir den Skaftafell Nationalpark. Wir nutzten den Rest des Tages für einen Spaziergang zum nehegelegenen Skaftafellsjökull - was in diesem Fall keinen Berg, sondern einen Gletscher bezeichnet. Wenn man noch nie in seinem Leben einen Gletscher solchen Ausmaßes gesehen hat, ist der Anblick schon atemberaubend. Mit einer Mischung aus weiss-grau-schwarz von verdrecktem Eis-Schnee bis hin zu hellblauem sauerstoffarmen Eis präsentierte sich das Monstrum vor uns. Durchzogen von hunderten Gletscherspalten und mit einem vorgelagerten, zugefrorenen See kam man sich winzig vor. Auch auf dem gefrorenen See türmte sich das Gletschereis auf. Ich konnte es mir natürlich nicht nehmen lassen, (mit gewisser Vorsicht) ein paar Schritte auf dem Gletscher zu laufen - und es war wirklich toll. An einer Stelle war das Eis ganz glatt und durchsichtig und man konnte in den Gletscher hineinsehen, der innen wie ein neuronales Netzwerk aussah. In den schmalen und einige Meter tiefen Spalten plätscherte zum Teil das Wasser vor sich hin. Nachdem ich genug auf dem 10,000 Jahre alten Eis herumgehüpft war, kehrten wir zum Parkplatz des Nationalparks zurück, wo wir uns in Gesellschaft einiger anderer Camper unser Abendessen kochten und dann im Auto einschliefen.




A: Seljalandsfoss Wasserfall
B: Skogafoss Wasserfall
C: Reynisfjara Strand
D: Skaftafell Nationalpark

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