Mit etwas Verspätung der zweite Teil des Reiseberichts...
Sonntag, 19. März
Den Vormittag verbrachten wir noch im Skaftafell Nationalpark und machten eine kleine Wanderung. Dabei kamen wir auch am Svartifoss vorbei, einem der bekanntesten Wasserfälle Islands. Mit seinen eckigen Gesteinsformationen zu beiden Seiten erinnert er ein wenig an eine Kirchenorgel und sieht irgendwie so aus, als wäre er von Menschen gemacht und nicht natürlich entstanden. Während unser kurzen Wanderung konnten wir von oben auf den abends zuvor besichtigten Gletscher herabschauen - aus dieser Perspektive kam seine wahre Größe erst zum Vorschein.
Unser nächster Stop war der Nachbargletscher, der Svinafellsjökull. Beeindruckend ist er vorallem wegen des hellblauen Gletschereises und weil auf dem Eis bereits Szenen für einige Filme, wie Batman Begins und Interstellar gedreht wurden.
Den Rest des Tages fuhren wir entlang der Ringstraße Richtung Norden. Dabei wurde sie Straße zunehmend zu einer Küstenstraße. Sie schlängelte sich am Meer entlang, während auf der linken Seite die Bergketten des Vatnajökull in den Himmel ragten. Zwischendurch hielten wir am Jökulsárlón, den viele als das Highlight Islands betrachten. Hinter dem Namen versteckt sich ein großer Gletschersee. Auf diesem treibt das tausende Jahre alte Gletschereis vom Breiðamerkurjökull in Richtung Meer mit unglaublich langsamem Tempo. Der See ist vor allem für das blaue Eis, das auf ihm zum Meer schwimmt bekannt. Jedoch zeigt sich in der Realität eher ein Mix aus weiß-blauem und weiß-schwarzem Eis, das durch Vulkanasche dunkel gefärbt ist. Dennoch bietet der See einen tollen Anblick mit den Bergketten dahinter.
Besonders beeindruckend fand ich den Strand an dem das Gletschereis in
den Atlantik mündet. Über hunderte Meter entlang der Küste liegen
verstreut zum Teil mehrere Meter große Eisbrocken herum. Denkt man im
Hinterkopf vielleicht kurz an einen Südseestrand, dann ist ein Strand
mit tausend Jahre alten Gletschereisbrocken wohl einer der
unwirklichsten Anblicke, den man sich vorstellen kann und eigentlich das
Beeindruckende am Jökulsárlon.
Der Tag endete in Höfn, wo wir die Nacht in einer Jugendherberge verbrachten und somit endlich wieder im Warmen schlafen konnten.
A: Skaftafell
B: Jökulsarlon
C: Höfn
Montag, 20. März
Die Distanzen zwischen den einzelnen Orten waren bereits auf Höhe des Vatnajökull ins Unermessliche geraten, doch auch in den nächsten Tagen würden wir oft stundenlang zwischen einzelnen winzigen Ortschaften fahren müssen. Den Hauptteil des Tages verbrachten wir auf der Straße auf dem Weg in Richtung Norden - wobei wir einen der schönsten Abschnitte der Ringstraße passierten. Die Ostküste wurde immer zerklüfteter und die Ringstraße verlief dicht am Meer an ihr entlang.
Nachdem wir die Nacht in Egilsstadir im Empfangshaus des Campingplatzes geschlafen hatten, um die Kälte im Auto zu vermeiden, machten wir uns auf den Weg zum am Meer gelegenen Seydisfjördur. Die in einer Bucht gelegene Hafenstadt hat eine ganze Reihe recht hübscher Häuser. Am Stadtrand machten wir eine kleine Wanderung, die einen Berghang hinaufführte. Wir stapften durch die tief verschneite Landschaft und erreichten am Ende des Weges merkwürdige, aus Ton gefertigte kleine 'Häuschen'. Offenbar eine Art Kunstprojekt.
Der Rückweg machte gleich doppelt so viel Spaß, den anstatt den Weg einfach wieder herunterzulaufen setzten wir uns einfach auf unseren Hosenboden und rutschten auf dem Tiefschnee herunter.
Auf dem Weg zurück nach Egilsstadir machten wir Halt, um eine ca. halbstündige Wanderung zu einem Wasserfall zu machen. Dabei waren die Wege teilweise so verschneit, dass wir uns wie auf einer Mount-Everest-Expedition fühlten. Zum Teil ging uns der Schnee bis zu den Knien.
Der Wasserfall am Ende des Weges war fast vollständig zugefroren und das einzige Wasser, das sich aus ihm ergoss, floss unterhalb der Schneedecke fort.
Wir durchquerten Egilsstadir, und setzten unsere Fahrt in Richtung des Sees Lagarfljót fort. An dessen Ufern erstreckt sich der größte Wald Islands, der aus mitteleuropäischer Sicht wohl als schlechter Witz gelten darf. Durch die niedrigen Temperaturen war das Ufer des Sees mit lustig geformten, dünnen Eisschichten überzogen.
Inzwischen war es später Nachmittag geworden und wir wollten noch etwas Strecke machen, um am nächsten Tag die geplanten Ziele zu erreichen. Für ungefähr die nächsten hundert Kilometer erstreckte sich auf unserem Weg nichts anderes als endlose schneebedeckte Weiten. Ab und zu sah man am Straßenrand ein paar Pferde und nach einigen Dutzend Kilometern auch mal einen Hof - ansonsten war es ein menschenleerer Abschnitt bis zu unserem nächsten Halt in Mödrudalur. Es als kleines Dorf zu bezeichnen, wäre an dieser Stelle schon wieder eine maßlose Übertreibung, denn eigentlich bestand der Ort nur aus sechs bis sieben kleinen Häuschen und einer winzigen Kirche. Im Umkreis von mehreren Dutzend Kilometern war nichts als Eis und Schnee zu sehen - in einiger Entfernung türmten sich einige Berge auf. Es war eine traumhafte Umgebung.
Halb im Schnee versunkene Landwirtschaftsgeräte |
Schnee bis ins Unendliche |
Ein verschneites Fußballfeld |
Der Ort hatte irgendwie etwas magisches und man fühlte sich dort ein bisschen, als hätte man gerade den Nordpol erreicht. Bei unser Ankunft lagen die Temperaturen einige Grad unter dem Gefrierpunkt, doch das war noch nicht alles. Arme Studenten die wir waren, wollten wir nicht das nötige Geld bezahlen um ein Zimmer zu mieten und entschlossen uns, erneut im Auto zu schlafen. Inzwischen waren wir daran und an die tiefen Temperaturen ja bereits gewohnt, doch nun stand uns noch einmal eine neues Level bevor - für die Nacht wurden Temperaturen um die -17°C erwartet. Bevor wir ans Schlafen dachten, wollten wir noch etwas essen, doch bei diesen Temperaturen hatte der Gaskocher seinen Betrieb endgültig eingestellt - sein Inhalt war flüssig geworden und wollte die Kartusche nicht mehr verlassen. Somit mussten wir uns an diesem Abend mit kalter und fast noch roher Nudelsuppe zufriedengeben, bei der Kälte kein sehr schönes Abendessen. Ein Trost dafür war die Kulisse, denn von unserem Tisch aus hatten wir Blick auf die endlose Schneewüste und den Sonnenuntergang in den Bergen in der Ferne. Es war tatsächlich auch rückblickend noch ein bisschen wie ein Traum. Doch wenn ich daran denke, wie sehr meine Finger gesschmerzt haben, wenn ich meinen Handschuh nur mal ein paar Sekunden auszog, dann bin ich mir sicher, dass es keiner war. Es war scheiß kalt.
Nachdem alles im Auto verräumt waren und wir uns im Bad des Besitzers des Grundstücks auf dem wir parkten etwas aufgewärmt hatten, wollten wir uns in die Schlafsäcke verkriechen. Doch als ich die Tür öffnete und zum Auto ging, fiel mein Blick auf den wolkenlosen Himmel. Ich erblickte dass, worauf ich so viele Jahre gewartet hatte - in Schweden, auf jedem Flug über den Atlantik und auch hier in Island jede Nacht. Nun war es endlich soweit und ich konnte das Feuerwerk von Sonnenwind und Erdmagnetfeld genießen.
A: Egilsstadir
B: Seydisfjördur
C: Lagarfljót
D: Mödrudalur
Mittwoch, 22. März
Am nächsten Morgen erwachten wir wie Walrösser. Im Schlafsack trug ich meine Jacke, einen dicken Pullover und zwei T-Shirts. Wenigstens kann ich ehrlich sagen, dass die Nacht mit -17°C zwar ungemütlich, aber nicht kalt war. Ätzend war es jedoch trotzdem, in der Früh aus dem Schlafsack herauszukriechen und das Auto zu verlassen. Inzwischen waren wir übrigens dazu übergegangen, anstatt normal zu frühstücken, gleich loszufahren. Dadurch mussten wir nicht noch länger in der Kälte ausharren. Während Kristina Auto fuhr, bestand meine Aufgabe darin, Toastbrot zu schmieren und in kleine Stückchen zu schneiden, die sie während der Fahrt essen konnte.
Nach einiger Fahrt durch den schneebedeckten Norden Islands erreichten wir das Geothermalfeld Hverarönd. Wie üblich zischte und dampfte es aus allen Ecken. An einer Stelle lag ein Haufen Steine, aus dem ein riesiger Strom Dampf ausstieg und dabei einen ziemlichen Krach machte. Überall blubberte der Boden und die Wege über die man laufen konnte, waren orange-rötlich gefärbt durch die Salze und Mineralien.
Auf der anderen Seite der Ringstraße befanden sich ein Geothermalkraftwerk inmitten mehrerer Hügel. Wir parkten am Fuße der Hügel und liefen hinauf. Dabei trafen wir einige Touristen, die mit Hundeschlitten unterwegs waren und sich von den Huskys den Berg hochziehen ließen. Oben konnten wir in einen (zu dieser Jahreszeit) zugeforenen Kratersee herunterblicken.
Nur ein paar Meter vom Kraftwerk entfernt standen mutterseelenallein direkt neben der Straße eine Dusche und ein Waschbecken mitten in der verschneiten Umgebung. Wir hielten am Straßenrand um uns das Ganze näher anzuschauen und stellten dabei fest, dass es sich nicht um eine Atrappe handelte, sondern tatsächlich um eine Dusche aus der heißes Wasser floss, wenn man es aufdrehte. Die Isländer haben wirklich einen schrägen Humor.
Nächster Stop auf der Strecke war die Grjótagjá. Dabei handelt es sich um eine Höhle, in der ein kleines Becken mit heißem Wasser liegt. Heutzutage ist es zwar verboten, darin zu baden, aber man kann immer noch dem Dampf dabei zusehen, wie er vom warmen Wasser aufsteigt und die Höhle verlässt. Außen an der Höhle ist sehr gut der Grabenbruch zwischen amerikanischer und eurasischer Kontinentalplatte zu sehen.
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Grabenbruch - Bild von Wikipedia, (C) Pjt56 |
Den Rest des Tages entspannten wir uns in einer der größten Lagunen Islands, dem Mývatn. Der Eintritt war zwar nicht ganz billig, aber dafür ist das Schwimmen in dem milchig-blauem heißem Wasser ein beeindruckendes Erlebnis. Es ist fast etwas surreal, direkt zwischen zwei schneebedeckten Bergen zwischen ein paar Steinhaufen in fast 40°C warmen Wasser herumzuschwimmen. Die Becken selbst waren übrigens komplett natürlich im Gestein gelegen und waren nicht extra gebaut worden.
A: Mödrudalur
B: Hverasönd
C: Kraftwerk
D: Grjótagjá
E: Myvatn Naturlagune
F: Campingplatz
Donnerstag, 23. März
Den Vormittag des 23. Mai verbrachten wir in der Nähe des Sees Mývatn. Unser erster Zwischenstopp war an einem Lavafeld. Durch die komplizierte Art und Weise, wie dort vor tausenden von Jahren Lava aus dem Boden geschossen und anschließend getrocknet ist, sind sehr skurille Gesteinsformationen entstanden. Das Ganze wirkt etwas wie ein Wald aus Vulkangestein.
Von dort aus ging es weiter entlang des Seeufers. Wir machten an diversten Orten halt und besuchten merkwürdige Felsformationen und ehemalige Vulkankrater.
Nächster Zwischenstopp war ein größerer Wasserfall mit dem Namen Goðafoss. Von zwei Seiten stürzte sich das Wasser rund zehn Meter in die Tiefe.
Den Rest des des Tages fuhren wir mit dem Auto nach Akureyi, wo wir die Nacht in einer Jugendherberge verbrachten. Am Abend erkundeten wir die zweigrößste Stadt Islands.
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